Mikroverunreinigungen
Unter Mikroverunreinigungen versteht man Substanzen, die in den Gewässern in ausserordentlich tiefen Konzentrationen vorkommen. Sie stehen im Verdacht, negative Auswirkungen auf das Hormonsystem von Tieren und die menschliche Gesundheit zu haben. Dazu gehören viele Inhaltsstoffe aus Medikamenten, Körperpflegeprodukten, Reinigungsmitteln, Pflanzenschutzmitteln und Lebensmittelzusatzstoffen, aber auch natürliche Hormone. Eine bedeutende Quelle für den kontinuierlichen Eintrag dieser Substanzen in die Gewässer sind die kommunalen Abwasserreinigungsanlagen.
Im Auftrag der AKV untersuchte die Eawag 2009 und 2022 drei Becken des Vierwaldstättersees auf eine breite Palette von organischen Spurenstoffen aus Siedlung und Landwirtschaft. Im Fokus stand zum einen die Wasserqualität des zur Trinkwasseraufbereitung genutzten Tiefenwassers, zum andern sollte die Belastungssituation von ufernahem Oberflächenwasser und der dort lebenden Wasserorganismen erfasst werden.
Gute Resultate 2009
Zur Untersuchung des Tiefenwassers beprobte man die Trinkwasserfassungen Salzfass im Luzernersee und Tellsplatte im Urnersee. Von 247 analysierten Spurenstoffen wurden lediglich 29 bzw. 26 nachgewiesen. 85 Prozent der positiven Befunde lagen unter 10 Nanogramm pro Liter. Dies spricht für eine sehr gute chemische Wasserqualität bezüglich Mikroverunreinigungen aus kommunalem Abwasser und der Landwirtschaft.
Für Gewässer, die zur Trinkwassergewinnung genutzt werden, gibt es nationale und internationale Anforderungswerte. Bei keiner der im Vierwaldstättersee nachgewiesenen Substanzen wurden die geltenden Werte überschritten. Allerdings fehlen in den bestehenden Verordnungen Qualitätskriterien für Arzneimittel und weitere Stoffe aus kommunalem Abwasser.
Im Sinne eines Vorschlags enthält das Donau-Maas-Rhein-Memorandum von 2008 Zielwerte für anthropogene naturfremde Stoffe. Ein Vergleich dieser Zielwerte mit den im Vierwaldstättersee gemessenen Konzentrationen ergibt, dass nur für das Arzneimittel Metformin der Zielwert von 0.1 Mikrogramm pro Liter überschritten wird. Alle anderen Befunde unterschreiten die Zielwerte erheblich.
Untersuchung des Flachwassers im Alpnachersee
Im Oberflächenwasser des Alpnachersees bei Stansstad wurden von 247 analysierten organischen Substanzen 53 nachgewiesen. Die Konzentrationen von max. 600 Nanogramm pro Liter waren durchschnittlich 5- bis 10mal höher als im Tiefenwasser des Luzerner- und des Urnersees.
Grund dafür ist zum einen die relativ hohe Anzahl Einwohner, deren Abwasser via ARA Sarneraatal und ARA Rotzwinkel in den Alpnachersee eingeleitet wird, und die erhöhte Belastung mit Spitalabwasser. Zum andern ist der Verdünnungseffekt im Alpnachersee (Volumen: 0.1 km3) viel geringer als in den übrigen Seebecken (Volumen: 11.9 km3).
Die bestehenden Rechtsnormen für Haushalts- und Industriechemikalien enthalten keine Umweltqualitätsziele zum Schutz aquatischer Organismen in Oberflächengewässern. Deshalb können für diese Chemikalien lediglich Empfehlungen aus Deutschland für eine Bewertung herangezogen werden. Ein Vergleich ergab, dass die positiven Befunde im Alpnachersee unter den Qualitätsnorm-Vorschlägen lagen. Es muss jedoch betont werden, dass für die meisten Spurenstoffe keine Qualitätsnormen vorliegen und dass eine einzige Stichprobe im Alpnachersee für eine abschliessende Beurteilung nicht genügt.
2022 erneute Untersuchung lanciert
Die Aufsichtskommission Vierwaldstättersee (AKV) hat die Mikroverunreinigungen im Jahr 2022 erneut untersuchen lassen. Wiederum hat die Eawag die Untersuchung vorgenommen. Es wurde nach rund 600 verschiedenen Substanzen gemessen. Das erfreuliche Resultat: Während in anderen Schweizer Gewässern Mikroverunreinigungen Probleme bereiten, ist der Vierwaldstättersee praktisch unbelastet. Die Wasserqualität ist also nach wie vor sehr gut.
In den untersuchten Proben des Vierwaldstättersees konnten nur 55 der 600 analysierten organischen Mikroverunreinigungen nachgewiesen werden. Die Grenzwerte der Gewässerschutzverordnung sowie die vom Ökotoxzentrum vorgeschlagenen Qualitätskriterien werden überall eingehalten. Und zwar deutlich: Die Konzentrationen lagen hundert- bis zehntausendfach unter den Qualitätskriterien.
Dieser positive Befund bestätigt zudem vergleichbare Resultate einer früheren Untersuchung von 2009. Und das, obwohl im Jahr 2022 mehr als doppelt so viele Stoffe
untersucht wurden.
Der Vierwaldstättersee steht bezüglich Mikroverunreinigungen also bisher gut da. Damit das so bleibt, ein einfacher Tipp: Medikamente und andere chemische Produkte bitte korrekt entsorgen – am besten dort, wo sie bezogen wurden – und nicht in den Abwasserablauf entleeren.